News von der Glarner reformierten Landeskirche

Gott loben - warum?

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23.11.2021
Pfarrer Beat E. Wütherich schreibt für die Rubrik «Nachgedacht» über das Gotteslob. Tief beeindruckt hat ihn die Jodelmesse am diesjährigen Chäsmart in Elm.

Von Pfarrer Beat E. Wütherich, Elm

«Hosianna in der Höhe, gepriesen sei der Sohn Davids» lesen wir in einem bekannten biblischen Text und wir wissen, das ist nur einer von vielen in der Bibel. Man könnte fast behaupten, dass mit «Gotteslob» die christliche Glaubenstradition grossenteils umschrieben ist.

Der vor kurzem verstorbene deutsche Theologe Eberhard Jüngel sagt in einem Referat zum Evangelisations-Mandat der Kirche:

«Da ist zunächst und vor allem das Gotteslob, das unweigerlich erklingt, wenn die Christen als christliche Gemeinde zusammenkommen, das aber auch am Tisch einer christlichen Familie laut zu werden vermag.»

Und er erzählt wie bei einem Familienbesuch zwei junge Knaben, durch ihren üblichen Dankes-Gesang am Tisch, seine kirchenfremden Schwestern zum Einstimmen bewegt haben:

«Meine religiös eher unmusikalischen Schwestern haben mir später immer wieder erzählt, wie sehr sie dieses für sie spontane, für die Knaben aber ganz selbstverständliche Gotteslob bewegt hat.»

Und er folgert: «Da habe ich begriffen, dass das Gotteslob der Christen eine im Leben der Welt klaffende Lücke auszufüllen hat.»

Eindrücklich betrachtet er im Weiteren den Evangelisationseffekt des Gotteslobes an sich, etwas das wir, ohne weitreichende Absichten, jeden Sonntag in unseren Kirchen erschallen lassen.

Ich habe spontan an die Jodelmesse vom diesjährigen Glarner Chäsmärt in Elm denken müssen. Das Gotteslob, das dort entstanden ist, getragen von den Stimmen des Chlytaler Jodelchörlis, ist schwer nachzufühlen, wenn man nicht selber dabei war.

Da waren zwar Coronamassnahmen zu befolgen und nicht mehr als 50 Personen durften in die Kirche. Aber gerade die Kombination, einerseits des Verantwortungsbewusstseins auch strikte Regeln einzuhalten und andererseits des Willens, dennoch für alle Menschen da zu sein, hat die Organisationskreativität der Verantwortlichen so angeregt, dass es schlussendlich unmöglich war, dieses Gotteslob zwischen den Kirchenwänden einzusperren.

Es ist entwichen durch die breit offene Kirchentür, getragen von dem hochqualitativen Soundsystem von «Chrigel» und hat, die um die Kirche aufgestellten Lautsprecherboxen und den Föhn als Transportmittel benutzt, um weit über den Friedhof hinweg ins Dorf zu schallen.

Viele Leute wurden berührt, in der Kirche, um die Kirche herum, auf den Festbänken (durch einen Geistesblitz von der Sigristin organisiert) im Friedhof und in den Gassen, auf den Mauern, sitzend, stehend, lauschend, mitsingend, mitbetend... so zahlreich, dass man sie alle, auch ohne Begrenzung, nie in die Kirche gebracht hätte. Und das Lob hat sich auf das morgendliche Elm gelegt und auf seine eigene, unaufdringliche Weise die frohe Botschaft verkündet, mit seinen sanften Worten, eingewoben in diese eindrücklichen Lieder.

Das Gotteslob, ganz speziell in Liedform und Musik, hinterlässt einen tiefen Eindruck und füllt, nach Eberhard Jüngel, «eine im Leben der Welt klaffende Lücke».

Und wenn wir jetzt noch fragen möchten, warum man überhaupt Gott loben soll, erübrigt sich eigentlich die Suche nach Antworten. Auf jeden Fall für den, der dieses Lob authentisch miterlebt.

Ich wünsche euch allen, ganz herzlich, eine Festzeit voll von aufrichtigem und berührendem Gotteslob.

 

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