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Von der Bankerin zur Bäuerin

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17.08.2022
Jasmin Urech hatte eine Karriere bei einer Grossbank vor sich. Doch sie entschied sich für eine Lehre als Landwirtin. Trotz bescheidenem Lohn und harter Arbeit. Den Schritt zur Scholle hat sie nie bereut.

Ja, sie habe die beste Lehrabschlussprüfung als Landwirtin EFZ mit Vertiefung als Biobauer vom Kanton Zürich und Schaffhausen gemacht, bestätigt Jasmin Urech stolz. Wir sitzen auf dem weitläufigen Triemenhof oberhalb von Hinwil, die Aussicht auf den Pfäffikersee und die Glarner Alpen ist traumhaft. «Der Hof ist ein typischer Grünlandbetrieb mit landwirtschaftlicher Nutzfläche, etwas Wald sowie 15 Milchkühen und Legehennen», erklärt die 33-Jährige. «Dazu bauen wir Dinkel, Rüebli, Knoblauch, Lauch und Zwiebeln an.» Angeschlossen an den Hof ist ein Wohnheim für sieben Bewohner mit einem Handicap, die hier arbeiten. Gerade das gefalle ihr, sagt Jasmin Urech, man ist Landwirtin und Betreuerin und arbeite stets im Team.

Sieben Jahre lang gehadert
Auch wenn Jasmin Urech heute mit klobigen Arbeitsschuhen und kurzer Hose über den Hof schreitet, den Traktor startet und schwere Heuballen schultert, war ihr diese Karriere nicht vorgezeichnet. Nach der Matura studierte sie internationale Beziehungen an der Hochschule St. Gallen. Daneben arbeitete sie im internationalen Personalwesen der Credit Suisse. Ihre Laufbahn bei der Grossbank war vorgezeichnet. «Der Job war spannend», erzählt sie. Trotzdem spürte sie im Inneren, dass ihr Herzensfach eigentlich Biologie war und dass sie davon träumte, die Welt zu verbessern. Sieben Jahre lang haderte sie mit ihrer Berufswahl, bis sie den Schlussstrich zog. Sie kündigte ihren Job, gab ihre finanzielle Sicherheit auf und reiste 15 Monate lang durch Südamerika, Zentralasien, Iran bis nach Nepal und Malaysia. Ständig begleitet von der Hoffnung, dass sie in der Fremde ihren beruflichen Weg finden würde.

Harte Ausbildung
«Doch der Weg fand mich», erzählt Jasmin Urech. Zurück in der Schweiz wusste sie immer noch nicht, was sie wollte. So kehrte sie auf die Bank zurück. Kurz darauf entschied sie sich über Nacht, eine Lehre als Landwirtin zu machen. «Ich bin etwas blauäugig in die Sache eingestiegen, ich hatte das Gefühl, die Lehre sei für mich als HSG-Studentin einfach. Doch da bin ich schön auf die Welt gekommen», gesteht sie. Um 5.30 Uhr stand die 30-Jährige im Stall, auch wenn sie sich krank fühlte, bei jedem Wetter arbeitete sie auf dem Feld. Daneben musste sie für die Schule lernen. Oft sei sie am Abend todmüde ins Bett gefallen. Und das zu einem Fünftel ihres Gehalts bei der Bank. «Das war schon hart», blickt sie auf diese Zeit zurück.

Den Schritt zur Landwirtin hat sie nie bereut. Der Grossteil ihrer Familie habe ihn jedoch nicht verstanden. Sie solle doch Karriere bei der Bank machen, dann könne sie sich später einen Bauernhof kaufen, wurde ihr geraten. Als die Eltern sahen, wie glücklich ihre Tochter im neuen Beruf war, unterstützten sie sie.

«Rüebli mit zwei Beinen»
Wie schätzt sie die Zukunft des Bauernstandes ein? «Eine schwierige Frage», meint Jasmin Urech. In der Landwirtschaft sei neben dem Boden der Mensch die grösste Ressource. Man müsse den Bauern und Bäuerinnen Sorge tragen, so dass sie ihren Beruf bis zur Pension ausüben können. Mit über 53 Stunden pro Woche sei dies hart. Urech findet es wichtig, über die Landwirtschaft aufzuklären. Viele hätten kaum eine Ahnung, woher die Produkte kämen, dass eine Kuh jedes Jahr ein Kalb gebären muss, um genügend Milch zu geben, und dass die meisten Rüebli nicht kerzengerade aus dem Boden wachsen. «Wir liefern deshalb auch Erziehungsgemüse aus», sagt sie, «das sind etwa Rüebli mit zwei Beinen, um zu zeigen, dass diese ebenso gut schmecken.»

Manchmal tut ihr das Herz weh, wenn sie in der Migros und im Coop die riesigen Regale mit Obst und Gemüse sieht und daran denkt, wie viel Arbeit hinter dem Anbau und der Ernte steckt und wie hart die Verhandlungen mit den Grossverteilern sind. In diesen Momenten zweifelt die Bäuerin an den im Wirtschaftsstudium einst gelernten Theorien, dass der Markt als unsichtbare Hand alles regelt. «Ohne geschützten Markt in der Schweiz gibt es keine heimische Landwirtschaft mehr.»

Tilmann Zuber

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