Denkpause: Chilbi-Ziit
Draussen: Festbetrieb, Essen und Trinken, Freude, das Dorf kommt zusammen. Drinnen: in der Kirche ein Gottesdienst, aber sonst? Es scheint eine dicke Tür das Drinnen und Draussen zu trennen. Umso schöner ist es dann, wenn wir die Tür öffnen, um den Glauben und das Leben auf eine von vielen möglichen Weisen zu verbinden: Beten, Singen, Hören mit Arbeiten, Feiern, Lachen.
Doch Glaube und Welt – gibt es überhaupt eine Verbindung ? Die Welt wäre für den Menschen leer und hohl, wenn er nichts hätte, was ihm Rückhalt gibt und hilft, das einzuordnen, was auf ihn einstürmt, auch das abzulehnen, was nicht zu ihm passt. Der Glaube wäre plump, wenn er für sich allein stünde, ohne etwas zu wissen von der Welt um ihn herum. Der Glaube, hineingestellt in den Alltag, das gibt zusammen einen Sinn, und darin kann das Gebot der Nächstenliebe zum Ausdruck kommen.
Doch dieses Wissen von der Welt genügt allein nicht. Der Glaube sucht die Verbindung zu seinem Ursprung, zu Gott, im Gebet, im Gottesdienst, in der Kirche, in der Gemeinschaft mit den anderen, die glauben. Er will uns stärken für die tägliche Bewährung draussen, damit er nicht stumm wird und übertönt wird von der Welt, sondern sich mit ihr harmonisch verbindet und ein Abbild wird von der Freundlichkeit Gottes. Er gibt unserem Leben Richtung und Ziel.
Wir feiern Chilbi (Kilbi), das Kirchweihfest unserer Kirchen. Erst durch die Feier des Gottesdienstes in diesen Gebäuden gewinnen sie eine besondere Bedeutung, denn dort hinein wurde das Wort Gottes an die Menschen gerichtet, in die Herzen der Menschen hinein.
Wer aufmerksam durch unsere Kirchen geht, wird vielleicht ein wenig davon wahrnehmen, dass es nicht nur Gemäuer sind, nicht nur kunstvoll ausgestaltete Gotteshäuser. Es sind vor allem Orte mit Geschichte, Orte von Glauben und Erinnerung, durchbetete Räume. Hier wurde und wird das Leben gefeiert – in allen Facetten. Hier wurden Menschen in die Kirche aufgenommen, getauft und gefirmt. Hier haben sich Menschen das Ja-Wort gegeben oder sind zur Konfirmation bzw. Erstkommunion gegangen. Hier wurde frohen Herzens gefeiert, aber auch unter Tränen Abschied genommen. Gehalten und getragen von anderen, die denselben Glauben teilen, die mit derselben Hoffnung unterwegs sind.
Natürlich wissen wir alle, dass sich die Gegenwart Gottes nicht auf Mauern begrenzen lässt; dass wir Gott überall erfahren können, z.B. in seiner Schöpfung, in zwischenmenschlichen Begegnungen, und vielem mehr. Und doch braucht es Orte, an dem sich diese Erfahrungen ganzer Generationen noch einmal bündeln und verdichten, an denen sie gleichsam verlässlich aufgehoben sind.
Unser Leben soll Gottes Wohnung sein, nicht nur, wenn wir in diesem Gotteshaus weilen, sondern immer und überall, wo wir versuchen, auf sein Wort zu hören und nach seinem Worte zu leben. Dann nehmen wir ihn mit. Wir nehmen ihn mit in die Räume unseres Alltags. Und so wird jeder Raum, den wir betreten, zu Gottes Haus: unsere Wohnung und unsere Arbeitsstelle, unser Ort und unser Land. Amen!
Geniessen Sie noch die letzten Chilbenen in diesem Jahr, viel Spass.
Ihre Almut Neumann, Pfarrerin in Mitlödi
PS: Am 19. Oktober 2025 findet in der Kirche Mitlödi ein besonderer Chilbi-Gottesdienst statt, er bildet den Anschluss und Höhepunkt des 300-Jahr-Jubiläums des Kirchenbaus zu Mitlödi. Herzlich Willkommen!
Denkpause: Chilbi-Ziit