News von der Glarner reformierten Landeskirche

#denkpause: Die Dynamik von Hingabe

von Pfarrer Peter Hofmann
min
28.03.2024
Pure Hoffnungslosigkeit, Menschenverachtung, Zerstörungswille bis zum Äussersten: Am Karfreitag sind wir genötigt, Unerträglich-Trostloses anzuschauen - und auf GOTT zu schauen. In seinem Römerbriefkommentar hat Karl Barth geschrieben: «Die Wirklichkeit der Religion ist das Entsetzen der Menschen vor sich selbst».

Leidens-Konfrontation: Ein Blick auf die Dunkelheit des Karfreitags

Die Tagesschau wird zum Ort des Entsetzens der Menschen vor sich selbst. Myriaden von Kreuzen fügt sie zum Kreuz des Nazareners. Die Frage, welches das schlimmste ist, ist so unnötig, ja irrsinnig wie nur etwas. Es kann immer noch schlimmer kommen. Willkommen in der Wirklichkeit. Das Thema der Unentrinnbarkeit aus Spiralen von egomaner Macht und Gewalt ist ein allgemein menschliches. Christliche Religion schaut der Realität ins Auge. Wie ist die Antwort des Nazareners auf das Entsetzen des Menschen vor sich selbst? Hätte es alternative Verhaltensmöglichkeiten zur Kreuzigung gegeben? Im Prinzip gab es zwei Alternativen: Mit einem himmlischen Kraftakt hätte er sich aus der Lage befreien können. Oder er hätte zweitens Jerusalem meiden können, vor den Mächtigen und deren Ideologien kuschen oder mit dem einen oder anderen kollaboriert. Doch wäre dies im Sinn von Jesus gewesen? Hätte es seiner Person, seiner Art zu leben und zu lieben entsprochen?

Entscheidung: Bewusste Wahl der Ohnmacht

Jesus wählte die Ohnmacht, in vollem Bewusstsein. Sein Handwerk bestand im Zulassen des Nullpunktes (Monika Renz). Er gab sein Ein und Alles, damit eine neue Dynamik geboren werden konnte. Er spielte auf der Ebene der Macht nicht mit, liess Machtstrategien ins Leere laufen, holte zu keiner Gegenreaktion aus. Durch seine Entscheidung, Machtstrategien nicht zu folgen und keine Gegenreaktion zu zeigen, demonstriert er: Wahre Stärke liegt in der Akzeptanz und Transformation von Leiden und nicht in der Ausübung von Kontrolle oder Gewalt.

Transformation durch Hingabe: Der Weg zu spiritueller Befreiung

In der radikalen „Liebesreligion“ finde ich jene spirituelle Nahrung, die ich suche: Dass Menschen Ausschau halten nach dem, was befreit aus Macht, Stolz, Narzissmus, Herzensverhärtung oder wie immer man das nennt. Vielleicht lässt der einseitig an Sieg und Niederlage orientierte Mensch los, wird offen und fällt von der oberen Schicht von Macht, Prestige und Rechthaben hinein ins scheinbar Leere, in Wirklichkeit aber in jene untere Schicht, die aller Macht vorausgeht? Dies wäre ein eigener Beitrag an Gottes Projekt «Mensch». Die kurz gefasste Antwort dieses bedeutungsvollen Tages an uns lautet in all dem: Hingabe wagen und koste es das Äusserste.

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