News von der Glarner reformierten Landeskirche

Denkpause zu Weihnachten: Ein Licht in der Nacht

von Almut Neumann
min
19.12.2025
Wie soll ein Funke weihnachtlicher Freude auf uns überspringen, wenn christliche Friedenswünsche verpuffen, wenn in der Welt die Mächtigen und die Gewalt das Sagen haben? Wie können wir das Licht der Welt mitten in der Dunkelheit finden und weitergeben?

Freuen Sie sich auf Weihnachten? Grund zur Freude hätten wir gewiss! Dies beschreibt der Prophet Jesajas mit folgenden Worten: „Das Volk, das im Dunkeln wandelt, sieht ein grosses Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell. Du, Gott, weckst lauten Jubel, du machst gross die Freude… denn du hast ihr drückendes Joch und den Stecken ihres Treibers zerbrochen. Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn daher geht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt. Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter.“  (Jesaja 9, 1-5a) Dieses Kind, Jesus, ist uns geboren: dies ist der Grund weihnachtlicher Freude.  

Man kann das so sagen, aber es fällt uns schwer, dies zu glauben, denn wie soll auch dieser Name Jesus noch Leuchtkraft haben, wie soll ein Funke weihnachtlicher Freude auf uns überspringen, wenn christliche Friedenswünsche verpuffen, wenn in der Welt nur die Mächtigen und die Gewalt das Sagen haben, und wir in unserem Alltag das Gleiche an unserer eigenen Haut erfahren müssen. Oder wir merken, wir selber werden nicht besser und nicht anders; und die um uns herum lassen sich auch nicht ändern. Diese Welt ändern zu wollen, ist also eine Illusion, so dass wir müde werden, an sinnvolle und durchgreifende Veränderungen im Kleinen wie im Grossen zu glauben.

Wenn wir jedoch so müde geworden sind, sollten wir uns ein wenig ausruhen, entspannen, die Augen schliessen und träumen, gegen unsere Enttäuschungen und Hoffnungslosigkeit anträumen und vielleicht eine neue Wirklichkeit und eine neue Zukunft erträumen. Aber der Traum verwirrt sich: Todesbilder aus aller Welt drängen sich dazwischen, Bilder von Unterernährten drängen sich auf; dann ist wieder dieses Kind in der Krippe, ein Beginn der Gerechtigkeit und des Friedens.

Dass diese Bilder von blutigen Schrecken und Unmenschlichkeit doch einmal ein Ende nehmen, dafür hat Jesus den Anfang gemacht. Dafür ist er geboren und ein Mensch geworden. Und er will uns nun bei unserer Menschwerdung helfen.

Das Wunder zu Weihnachten besteht darin, dass wir vor allem diesem Kind und einander Glauben schenken können; dass wir nicht glauben müssen, alles sei vergebliche Liebesmüh.

Auf die Mühe der Liebe kommt es an. Und wir spüren es besonders zu Weihnachten, dem Fest der Liebe; spüren, dass Liebe das tiefste Bedürfnis des Menschen ist, und Geben und Nehmen zu lernen, die grösste Aufgabe ist; spüren, dass wir in unserem Lieben nicht nur etwas Schönes und Wertvolles tun, sondern damit Anteil am Sinn des Lebens gewinnen.

Gottes Liebe will in unser Leben hineinleuchten. Sie will uns erwärmen, weil es in der Welt so kalt geworden ist. Und sie will weitergereicht werden, damit es auch für andere hell und warm wird.

Wie es hell werden kann im Leben der Menschen und also Weihnachten, wird in einer jüdischen Geschichte erzählt: Ein alter Rabbi, ein jüdischer Gesetzeslehrer, fragte einst seine Schüler, wie man die Stunde bestimmt, in der die Nacht endet und der Tag beginnt. „Ist es, wenn man von Weitem einen Hund von einem Schaf unterscheiden kann?“, fragte einer seiner Schüler. „Nein“, sagte der Rabbi. „Ist es, wenn man von Weitem einen Dattelbaum von einem Feigenbaum unterscheiden kann?“, fragte ein anderer. „Nein“, sagte der Rabbi. „Aber wann ist es dann?“, fragten die Schüler. „Es ist dann, wenn du in das Gesicht irgendeines Menschen blicken kannst und deine Schwester oder deinen Bruder siehst. Bis dahin ist die Nacht noch bei uns.“

Ich wünsche uns, dass der Traum vom Menschen und von Weihnacht im Alltag wahr wird; und  ich wünsche uns Weihnachtsfreude.

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