Die Ewigkeit ins Herz gelegt
Wenn das Leben endet und ein Mensch stirbt, dann sterben 10 bis 100 Billionen Zellen, aus denen sein Organismus besteht. Nur gemeinsam sind sie lebensfähig. Seltsam, dass einmal darüber gestritten wurde, ob der Mensch vom Affen abstamme. Heute wissen wir, Eizelle und Sperma verschmelzen zu einem Einzeller. Im Mutterleib durchläuft dieser während 9 Monaten eine über viele Millionen Jahre gegangene Entwicklung.
Anders sind wir Menschen als beispielsweise Schildkröten oder Krokodile. Die schlüpfen aus dem Ei und sind fertig. Wir kommen als hilfsbedürftige Säuglinge auf die Welt, nicht lebensfähig ohne Pflege. Die Eltern wissen, woran wir selbst uns nicht erinnern können. Die Erinnerung beginnt ja erst mit dem Erlernen der Sprache. Vorwiegend aus Wasser besteht unser Körper und aus Sternenstaub. Mit hohem Energieaufwand wurden unsere Grundbestandteile während Milliarden Jahren in Sternen hergestellt, die dann explodierten und sie freisetzten. Unsere ganze Erde ist aus Sternenstaub entstanden.
Wir leben, lernen und sammeln Erfahrungen. Gute und schlechte Erfahrungen machen wir und sie prägen uns. Wir gewinnen Profil. Alten Menschen ist ihr Leben ins Gesicht geschrieben.
Soziale Wesen sind wir, in ständigem Austausch mit anderen Menschen und Tieren, mit Wind, Regen und Sonnenschein.
«Alles hat Gott schön gemacht zu seiner Zeit und hat Ewigkeit in das Herz der Menschen gelegt.» (Prediger 3,11) Dieses Bibelwort aus den Schriften des Alten Testaments bringt eine andere Dimension ins Spiel. Gott, der Ewige, der alles erschafft, schenkt uns Zugang zu sich. Uns ins Herz gelegt hat er ihn. Nicht dieser ruhelose Pumpmuskel, faustgross, ist wohl gemeint, sondern das Herz als der Sitz von Antrieb und Mut, ja von Lebensmut und Lebenswille. «Mut zum Sein» heisst ein Buch des Theologen Paul Tillich über das Existieren als Herausstehen aus dem Nichts.
Ein Gott der Lebendigen
Jemand kann sich ein Herz fassen, kann über seinen Schatten springen, oder mit seinem Gott über Mauern springen (Psalm 18. 30). Auch einer Gemeinschaft kann etwas zu Herzen gehen. Einmal heisst es in der Bibel: «Da zerschmolz das Herz des Volkes und wurde zu Wasser.» (Josua 7, 5)
Der Verlust, der Tod eines Menschen kann schwer treffen, das Herz angreifen, den eigenen Lebensmut erschüttern. Bei manchen Ehepaaren überlebt der eine Partner den anderen um Jahrzehnte. Bei anderen folgt der verwitwete Partner seinem oder seiner Verstorbenen unmittelbar ins Grab. Jedoch nicht als Suizid, sondern eines natürlichen Todes gestorben.
Niemand weiss, wie lange zu leben noch gewährt ist, wann und wie der Tod kommt. Aus dieser unbestimmten Begrenztheit gewinnt das Leben Wert. Denken wir doch häufiger daran, wenn wir planen und uns gegenseitig Termine setzen, als sei die Ewigkeit in unserem Besitz. In Luzern gibt es eine Brücke mit einem Totentanz, der zeigt, wie der Tod alle ereilt. Wertvoll ist das Leben, langweilig der Tod. An sich reissen und festhalten will er alles. Jesus widerspricht, widersteht ihm. Sterben ja, aber im Tod bleiben? - Nein! Gott hat doch Ewigkeit in das Herz der Menschen gelegt!
«Aber ich weiss, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er über dem Staub sich erheben. Nachdem meine Haut so zerschlagen ist, werde ich ohne mein Fleisch Gott sehen.»(Hiob 19, 25-26) Das sagt der zu Unrecht leidende Hiob seinen Freunden, die ihm die Frage nach der Gerechtigkeit ausreden wollen. Jesus, den der Tod nicht festhalten konnte, sagt: «Gott ist kein Gott von Toten, sondern von Lebenden: für ihn sind alle lebendig.» (Lukas 20, 38) Wir dürfen also hoffen: Der Abschied, den wir beim Sterben eines lieben Menschen nehmen müssen, ist nicht endgültig.
Die Ewigkeit ins Herz gelegt