News von der Glarner reformierten Landeskirche

Freiheit, die Jesus meint

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22.11.2022
"Freiheit" kann vieles sein und hat für jede und jeden eine andere Bedeutung. Pfarrerin Dagmar Doll aus Glarus schreibt über die Freiheit, die Jesus meint.

Freiheit ist normalerweise nicht das, was mit Kirche und Glauben in Verbindung gebracht wird. Zumindest nicht Freiheit, so wie sie von vielen verstanden wird, nämlich in Gestalt von Selbstverwirklichung und dem uneingeschränkten Ausleben der eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Eher wirken manche Christinnen und Christen nach aussen wie Menschen, die möglichst unauffällig leben und bei niemandem Anstoss erregen wollen.

Von der Freiheit eines Christenmenschen
Dabei spielt der Begriff der Freiheit gerade in der Entstehungszeit des Protestantismus eine wesentliche Rolle. „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ ist eine der drei grossen reformatorischen Hauptschriften Martin Luthers betitelt. Er stellt darin die These auf: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan.“ Luther geht es dabei in erster Linie um die innere Freiheit. Sie besteht darin, dass sich jede Christin, jeder Christ unmittelbar vor Gott zu verantworten hat und Zugang zur Gnade Gottes hat. Er ist dabei nicht von der Vermittlung durch irgendwelche kirchlichen Amtsträger abhängig.
Für die Menschen seiner Zeit bedeutete dies eine grosse Befreiung von inneren Ängsten vor Teufel und Höllenstrafen. Um den Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen, machten die Kirchendiener seiner Zeit kräftig Gebrauch davon, mit den bösen Geistern ihrer Zeit zu drohen. Luther hat die Christinnen und Christen zu einem freien, selbstverantworteten Vertrauen in die Gnade Gottes ermutigt. Hier zeigt sich schon, dass die innere Freiheit, die er proklamiert, nicht ohne äussere Folgen bleibt. Seine Ausführungen haben sicherlich das Entstehen des freiheitlichen Lebensstiles, so wie wir ihn heute kennen, mit beeinflusst.
Die zweite These von Luthers Schrift aber lautet: „Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ Die Tatsache, dass der Mensch sich sein Heil nicht verdienen oder erkaufen muss, sondern um Jesu Willen geschenkt bekommt, bedeutet nicht, dass er fortan tun kann, was ihm gerade in den Kopf kommt. Dieses Missverständnis menschlicher Freiheit können wir um uns herum immer wieder entdecken. Der moderne Mensch ist von seiner Freiheit so berauscht und damit beschäftigt, sich möglichst viele Wünsche zu erfüllen, dass er ein leichtes Opfer ist und schnell zur Sklavin, zum Sklaven von Konsum und Vergnügungssucht wird. Die Freiheit von unguten Bindungen wird nicht dazu genutzt, zu überlegen, wozu man denn diese Freiheit nun einsetzt.

Ergriffen vom Geist Jesu
Gerade in der christlichen Gemeinde begegnen mir immer wieder Menschen, die auf beeindruckende Weise mit ihrer christlichen Freiheit umgehen: Die Seniorin etwa, die einen Teil ihrer freien Zeit nutzt, um Kranke zu besuchen. Der junge Helfer bei unseren Konffreizeiten, der sich vom gängigen Konsumverhalten frei macht und nicht immer der neuesten Mode nachhängt, um Ressourcen zu schonen. Der Geschäftsmann, der regelmässig einen Teil seines Vermögens für ein Projekt in der Dritten Welt spendet. Sie alle sind vom Geist Jesu Christi ergriffen und haben sich von ihm befreien lassen: befreien von den Geistern unserer Zeit, die manchmal ganz schön vereinnahmend sein können, befreien zu einem verantwortlichen Lebensstil. Lassen Sie uns deshalb darum bitten, dass der Geist Jesus Christi uns als Christen und als Gemeinde mehr und mehr erfüllt. Dann werden wir wirkliche Freiheit erleben. 

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