Freiwilligenarbeit – ein Geschenk an die Gesellschaft
Warum setzen sich Menschen in der Schweiz freiwillig und unentgeltlich für „eine gute Sache“ ein? Was genau wird für wen, in welchem Umfang und Bereich getan? Welche Rolle spielt freiwilliges und ehrenamtliches Engagement im kirchlichen Umfeld? Dazu liegen jetzt aktuelle Zahlen und Fakten vor, erschienen als 188-seitige Broschüre auf Papier oder online als pdf *. Alle vier Jahre publiziert die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG) den Monitor zur Freiwilligenarbeit (Autoren 2025: Adrian Fischer, Markus Lamprecht, Hanspeter Stamm). Er beruht auf einer repräsentativen Befragung der Schweizer Wohnbevölkerung (5000 Personen ab 15 Jahren) und ist ein wichtiger Gradmesser für das Gemeinwohl und den sozialen Zusammenhalt. Vorweg: Auch wenn der Anteil freiwillig Engagierter in der Schweiz über die letzten Jahre leicht zurückging, liegt unser Land mit Rang 2 im europaweiten Vergleich weit vorn. 86 % der Bevölkerung engagieren sich in verschiedener Form freiwillig; 590 Mio. Stunden werden so pro Jahr geleistet.
Wodurch aber zeichnet sich Freiwilligenarbeit aus? Sie ist unentgeltlich, erbringt einen Nutzen für andere Personen (wobei laut der Studie Menschen aus dem eigenen Haushalt NICHT dazu zählen), orientiert sich am Gemeinwohl und ist freiwillig im Sinn von selbstbestimmt, ohne rechtlichen Zwang sowie kein vom Staat angeordneter Dienst. Bei der sogenannt „formellen“ Freiwilligenarbeit in Vereinen und Organisationen tun etwa 41 % mit, bei der „informellen“, also nicht-institutionalisierten Freiwilligenarbeit 51 %. Letztere umfasst verschiedene Helferdienste, Betreuungs- und Pflegeaufgaben. Geld (53%), Sachspenden (30 %) oder Blutspenden (6%) zählen ebenfalls zu freiwilligen Leistungen. Sonderformen sind Nachbarschaftshilfe und Aufnahme z.B. von Geflüchteten oder nicht-verwandten Personen zuhause.
Und die kirchliche Freiwilligenarbeit?
Nach den Sport-, Kultur- sowie Hobby/Freizeitvereinen liegt sie an vierter Stelle unter den 15 erhobenen Bereichen (z.B. noch vor Politik, Schule, Umwelt- und Tierschutz). Fast 8 % der Bevölkerung engagieren sich kirchlich, oft stabil über Jahre, und in 22 % verbunden mit einem Ehrenamt. Ein solches bedeutet eine noch stärkere Verpflichtung und Verantwortung, wird allenfalls geringfügig entschädigt – etwa mit Sitzungsgeldern oder Spesen. Weil die darüber hinaus eingesetzten freiwilligen Ressourcen – Zeit, Materialspenden und Expertise – aber den Löwenanteil eines solchen Engagements ausmachen, ist eine Kultur der Dankbarkeit und Partizipation (also Mitbestimmung) ganz wesentlich, um Freiwillige zu motivieren und zu gewinnen. Im kirchlichen Bereich findet sich ein weites Feld freiwilliger Einsatzmöglichkeiten: Es braucht Menschen, die Fastensuppen kochen oder beim Kirchenkaffee helfen, Jugendlager begleiten, Migranten unterstützen, Standaktionen betreuen, Fahrdienste, Besuchsdienste für Kranke und Einsame, Mitwirkende an Spezialgottesdiensten wie den Weltgebetstag, für Sonntagsschule und Chrabbelfiir, Abendmahlshelferinnen, Musizierende, Dekorateure, Zuhörende, Organisationstalente, Verträger des Gemeindebriefs und und und.
Freiwillige gut begleiten
Um Menschen in der kirchlichen Freiwilligenarbeit mit ihren Talenten und Voraussetzungen noch besser abzuholen und zu begleiten, wurde von den Evangelisch-reformierten Deutschschweizer Kantonalkirchen ein Leitfaden erarbeitet bzw. aus einer früheren Publikation der Diakonie Schweiz überarbeitet; er erschien 2022 als Broschüre und online (www.diakonie.ch/leitfaden). Er wurde auch den Glarner Kirchgemeinden verteilt und ist weiterhin im Sekretariat der Landeskirche im Wiesli, Glarus, vorrätig, wo er bestellt werden kann. Das Heft enthält wertvolle Anregungen zur Gestaltung kirchlicher Freiwilligenarbeit, Checklisten, Mustervereinbarungen und andere Arbeitsinstrumente. Freiwillige wollen gefunden werden (z.B. mit einem Talent-Parcours), sie brauchen eine Perspektive (hier helfen Orientierungsgespräche und eine gute Einführung in die Infrastruktur und Organisation), Würdigung in Form von Anerkennung, Dank, allenfalls Weiterbildungen und oder Ausstellung eines Dossiers (www.dossier-freiwillig-engagiert.ch). Der Leitfaden zeigt auch Grenzen und Normen freiwilliger Arbeit auf: Sie sollte etwa sechs Stunden pro Woche nicht überschreiten und verpflichtend sein, auch wenn es keinen Arbeitsvertrag gibt. Es braucht Ansprechpersonen, klare Strukturen und wo nötig professionelle Begleitung. Und wo es um Tätigkeiten mit besonders Schutzbedürftigen geht, muss Vorsorge gegen Missbrauch getroffen werden, u.a. kann ein Sonderprivatauszug auch von Freiwilligen verlangt werden (siehe hierzu auch der auch Beschluss der Herbstsynode 2026 der reformierten Landeskirche des Kantons Glarus).
Freiwilligenarbeit macht glücklich
Nicht jede Kirchgemeinde wird gleich ein eigenes Konzept für ihre Freiwilligenarbeit erstellen können, aber wird im eigenen Interesse eine Art „Best practice“ für diesen wichtigen Pfeiler des Gemeindelebens entwickeln. Den Einsatz ihrer Freiwilligen auch in der Gesellschaft sichtbar zu machen, ein Netzwerk mit anderen lokalen Institutionen zu knüpfen und projektweise zusammenzuspannen, ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt kirchlicher Freiwilligenarbeit. Gerade im ländlichen Bereich, wo die Freiwilligkeit noch einen höheren Stellenwert hat, kann so gelebte Nähe, Wärme und tätige Nächstenliebe geschehen. In diesem Geben und Nehmen profitieren auch die Freiwilligen: Diese Arbeit macht glücklich, wie verschiedene Studien nachweisen: „Sinnstiftende Aktivitäten verändern das seelische und körperliche Wohlbefinden zum Positiven“, so ist im Einleitungstext der Leitfadens zu lesen.
Freiwilligenarbeit – die Anfänge in den Gemeinden
„Von allem Anfang an konnten die christlichen Gemeinden auf engagierte Personen zählen“, schreibt Simon Hofstetter im Kapitel „Theologische Grundlage“ im Leitfaden: „Dazu gehörten etwa der Apostel Paulus, seines Zeichens Zeltmacher, sodann Phoebe, die für die paulinischen Gemeinden nach Rom reiste (Römerbrief 16,1), oder Lydia, die die Gemeinde in Philippi unterstützte und ihre Räumlichkeiten der Gemeinde zur Verfügung stellte (Apostelgeschichte 16,14f.) – und mit ihnen viele weitere mehr. Die ersten christlichen Gemeinden waren Bewegungen von Engagierten; ohne Engagement, das unbezahlt blieb, hätte es wohl kaum je eine Kirche gegeben…(). Dieses Engagement zugunsten der Mitmenschen und der christlichen Gemeinschaft gründet aus jüdisch-christlicher Sicht auf der Menschenliebe Gottes…(): ‚Was Ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.‘ “ (Mtt 25, 40).
*https://freiwilligenmonitor.ch/wp-content/uploads/2025/08/Freiwilligen_Monitor_DE.pdf
Bild: Das Titelbild dieses Artikels und dieser Ausgabe hat Illustratorin Beatrix Künzli uns als freiwillige Gabe überlassen. Warum setzen sich Menschen in der Schweiz freiwillig und unentgeltlich für „eine gute Sache“ ein? Was genau wird für wen, in welchem Umfang und Bereich getan? Welche Rolle spielt freiwilliges und ehrenamtliches Engagement im kirchlichen Umfeld? Dazu liegen jetzt aktuelle Zahlen und Fakten vor, erschienen als 188-seitige Broschüre auf Papier oder online als pdf *. Alle vier Jahre publiziert die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG) den Monitor zur Freiwilligenarbeit (Autoren 2025: Adrian Fischer, Markus Lamprecht, Hanspeter Stamm). Er beruht auf einer repräsentativen Befragung der Schweizer Wohnbevölkerung (5000 Personen ab 15 Jahren) und ist ein wichtiger Gradmesser für das Gemeinwohl und den sozialen Zusammenhalt. Vorweg: Auch wenn der Anteil freiwillig Engagierter in der Schweiz über die letzten Jahre leicht zurückging, liegt unser Land mit Rang 2 im europaweiten Vergleich weit vorn. 86 % der Bevölkerung engagieren sich in verschiedener Form freiwillig; 590 Mio. Stunden werden so pro Jahr geleistet.
Wodurch aber zeichnet sich Freiwilligenarbeit aus? Sie ist unentgeltlich, erbringt einen Nutzen für andere Personen (wobei laut der Studie Menschen aus dem eigenen Haushalt NICHT dazu zählen), orientiert sich am Gemeinwohl und ist freiwillig im Sinn von selbstbestimmt, ohne rechtlichen Zwang sowie kein vom Staat angeordneter Dienst. Bei der sogenannt „formellen“ Freiwilligenarbeit in Vereinen und Organisationen tun etwa 41 % mit, bei der „informellen“, also nicht-institutionalisierten Freiwilligenarbeit 51 %. Letztere umfasst verschiedene Helferdienste, Betreuungs- und Pflegeaufgaben. Geld (53%), Sachspenden (30 %) oder Blutspenden (6%) zählen ebenfalls zu freiwilligen Leistungen. Sonderformen sind Nachbarschaftshilfe und Aufnahme z.B. von Geflüchteten oder nicht-verwandten Personen zuhause.
Und die kirchliche Freiwilligenarbeit?
Nach den Sport-, Kultur- sowie Hobby/Freizeitvereinen liegt sie an vierter Stelle unter den 15 erhobenen Bereichen (z.B. noch vor Politik, Schule, Umwelt- und Tierschutz). Fast 8 % der Bevölkerung engagieren sich kirchlich, oft stabil über Jahre, und in 22 % verbunden mit einem Ehrenamt. Ein solches bedeutet eine noch stärkere Verpflichtung und Verantwortung, wird allenfalls geringfügig entschädigt – etwa mit Sitzungsgeldern oder Spesen. Weil die darüber hinaus eingesetzten freiwilligen Ressourcen – Zeit, Materialspenden und Expertise – aber den Löwenanteil eines solchen Engagements ausmachen, ist eine Kultur der Dankbarkeit und Partizipation (also Mitbestimmung) ganz wesentlich, um Freiwillige zu motivieren und zu gewinnen. Im kirchlichen Bereich findet sich ein weites Feld freiwilliger Einsatzmöglichkeiten: Es braucht Menschen, die Fastensuppen kochen oder beim Kirchenkaffee helfen, Jugendlager begleiten, Migranten unterstützen, Standaktionen betreuen, Fahrdienste, Besuchsdienste für Kranke und Einsame, Mitwirkende an Spezialgottesdiensten wie den Weltgebetstag, für Sonntagsschule und Chrabbelfiir, Abendmahlshelferinnen, Musizierende, Dekorateure, Zuhörende, Organisationstalente, Verträger des Gemeindebriefs und und und.
Freiwillige gut begleiten
Um Menschen in der kirchlichen Freiwilligenarbeit mit ihren Talenten und Voraussetzungen noch besser abzuholen und zu begleiten, wurde von den Evangelisch-reformierten Deutschschweizer Kantonalkirchen ein Leitfaden erarbeitet bzw. aus einer früheren Publikation der Diakonie Schweiz überarbeitet; er erschien 2022 als Broschüre und online (www.diakonie.ch/leitfaden). Er wurde auch den Glarner Kirchgemeinden verteilt und ist weiterhin im Sekretariat der Landeskirche im Wiesli, Glarus, vorrätig, wo er bestellt werden kann. Das Heft enthält wertvolle Anregungen zur Gestaltung kirchlicher Freiwilligenarbeit, Checklisten, Mustervereinbarungen und andere Arbeitsinstrumente. Freiwillige wollen gefunden werden (z.B. mit einem Talent-Parcours), sie brauchen eine Perspektive (hier helfen Orientierungsgespräche und eine gute Einführung in die Infrastruktur und Organisation), Würdigung in Form von Anerkennung, Dank, allenfalls Weiterbildungen und oder Ausstellung eines Dossiers (www.dossier-freiwillig-engagiert.ch). Der Leitfaden zeigt auch Grenzen und Normen freiwilliger Arbeit auf: Sie sollte etwa sechs Stunden pro Woche nicht überschreiten und verpflichtend sein, auch wenn es keinen Arbeitsvertrag gibt. Es braucht Ansprechpersonen, klare Strukturen und wo nötig professionelle Begleitung. Und wo es um Tätigkeiten mit besonders Schutzbedürftigen geht, muss Vorsorge gegen Missbrauch getroffen werden, u.a. kann ein Sonderprivatauszug auch von Freiwilligen verlangt werden (siehe hierzu auch der auch Beschluss der Herbstsynode 2026 der reformierten Landeskirche des Kantons Glarus).
Freiwilligenarbeit macht glücklich
Nicht jede Kirchgemeinde wird gleich ein eigenes Konzept für ihre Freiwilligenarbeit erstellen können, aber wird im eigenen Interesse eine Art „Best practice“ für diesen wichtigen Pfeiler des Gemeindelebens entwickeln. Den Einsatz ihrer Freiwilligen auch in der Gesellschaft sichtbar zu machen, ein Netzwerk mit anderen lokalen Institutionen zu knüpfen und projektweise zusammenzuspannen, ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt kirchlicher Freiwilligenarbeit. Gerade im ländlichen Bereich, wo die Freiwilligkeit noch einen höheren Stellenwert hat, kann so gelebte Nähe, Wärme und tätige Nächstenliebe geschehen. In diesem Geben und Nehmen profitieren auch die Freiwilligen: Diese Arbeit macht glücklich, wie verschiedene Studien nachweisen: „Sinnstiftende Aktivitäten verändern das seelische und körperliche Wohlbefinden zum Positiven“, so ist im Einleitungstext der Leitfadens zu lesen.
Freiwilligenarbeit – die Anfänge in den Gemeinden
„Von allem Anfang an konnten die christlichen Gemeinden auf engagierte Personen zählen“, schreibt Simon Hofstetter im Kapitel „Theologische Grundlage“ im Leitfaden: „Dazu gehörten etwa der Apostel Paulus, seines Zeichens Zeltmacher, sodann Phoebe, die für die paulinischen Gemeinden nach Rom reiste (Römerbrief 16,1), oder Lydia, die die Gemeinde in Philippi unterstützte und ihre Räumlichkeiten der Gemeinde zur Verfügung stellte (Apostelgeschichte 16,14f.) – und mit ihnen viele weitere mehr. Die ersten christlichen Gemeinden waren Bewegungen von Engagierten; ohne Engagement, das unbezahlt blieb, hätte es wohl kaum je eine Kirche gegeben…(). Dieses Engagement zugunsten der Mitmenschen und der christlichen Gemeinschaft gründet aus jüdisch-christlicher Sicht auf der Menschenliebe Gottes…(): ‚Was Ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.‘ “ (Mtt 25, 40).
*https://freiwilligenmonitor.ch/wp-content/uploads/2025/08/Freiwilligen_Monitor_DE.pdf
Bild: Das Cover dieser Ausgabe stammt von der Glarner Illustratorin Beatrix Künzli. Die ebenfalls langjährig engagierte Freiwillige, u.a. in der Kirche und als Leiterin von Tischlein-deck-dich Glarus, hat uns auch dieses Bild als freiwillige Gabe gespendet. Vielen Dank, Beatrix!
Freiwilligenarbeit – ein Geschenk an die Gesellschaft