Junge Seite zum Thema Sport
Von Liv Knecht
Schwung holen. Sprung. Sturz. Durchatmen. Und nochmals. Wieder liege ich wenige Sekunden später der Länge nach auf dem Eis. Ich bleibe kurz liegen, hoffe darauf, dass das kühle Eis mich irgendwie beruhigen kann. Ich kämpfe mich zurück auf die Beine und nehme erneut Anlauf. Diesmal springe ich nicht einmal richtig ab – wie festgefroren verharrt mein Körper in der Luft. Sprungblockade. Noch
gestern flog ich mit meinen Schlittschuhen mühelos durch die Luft und landete die Sprungkombination bei beinahe jedem Versuch souverän. Doch nun scheinen Geist und Körper nicht mehr miteinander, sondern vielmehr gegeneinander zu arbeiten.
Der unsichtbare Gegner
Gute Leistungen werden durch viel Training erzielt. Das klingt absolut plausibel. Doch eine gute Leistung kann nur durch die Koordination von körperlicher und geistiger Stärke erreicht werden. Oft spüre ich am eigenen Leib, wie mich Motivation und
Selbstvertrauen nach einem verpatzten Sprung verlassen. Dabei liegt es häufig nicht an mangelnder physischer Fähigkeit, sondern vielmehr daran, dass ich mir selbst zu wenig zutraue. Gedanken und unterbewusste Ängste häufen sich, werden zu Fäden, zu Stricken gesponnen, die einen immer mehr erdrücken. Unsicherheit schwebt wie eine Nebelwolke am Horizont, umhüllt meinen Kopf und betäubt meine Sinne – Präzision und Fokus schwinden. In den Vordergrund treten dunkle Schatten, sie verwehren mir den Blick auf das
Wesentliche. Stattdessen erscheint vor mir nur die Erinnerung an den Sturz, das GefĂĽhl, wie ich schon wieder aus der Achse falle, das
Gleichgewicht verliere und schliesslich versuche, den Sturz seitlich abzufedern. Immer und immer wieder, wie eine Schallplatte mit Sprung. Sobald ich einmal in diesen Abgrund gefallen bin, gibt es keinen Halt mehr – freier Fall durch das Nichts. Bis es eines Tages nicht mehr nur Nichts war.
Der Glaube als Halt
Mit der Zeit lernte ich, dass ich mir durch Unsicherheit und das mir nur zu bekannte Gedankenkarussell selbst ein Bein stelle. Und oftmals ist es einfacher gesagt als getan, aber in solchen Momenten, in denen alles schiefzugehen scheint – sei es vor Wettkämpfen oder Sekunden vor einem schwierigen Sprung – versuche ich einfach zu glauben. An mich. Daran, dass mich das finden wird, was ich brauche. Daran, dass mein Körper weiss, was zu tun ist. Nur durch Glauben konnte ich schon so manche Herausforderung meistern, auch wenn es immer wieder Hindernisse auf dem Weg gab. Und natürlich ist Glaube kein Wundermittel – harte Arbeit ist immer nötig, sie bildet die Bausteine einer Treppe nach oben –, doch gerne stelle ich mir den Glauben als ein Geländer vor, das mich stützt, mir Halt gibt auf der Wendeltreppe nach oben um mein Ziel zu erreichen.
Bildlegende (Foto zvg):
Ich betreibe Eiskunstlaufen auf Leistungssportniveau – ein Sport, der viel Disziplin, Kraft, Ausdauer und mentale Stärke verlangt. Umso wichtiger ist es, an sich selbst zu glauben – und Menschen an seiner Seite zu wissen, die einen auf diesem Weg unterstĂĽtzen.Â
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