News von der Glarner reformierten Landeskirche
Ratgeber Lebensfragen

«Meine Frau nörgelt nur noch»

von Solange Zmilacher
min
28.01.2024
Leserfrage von T.M.: «Egal was ich mache, ich nerve nur. Meine Frau nörgelt ständig an mir herum. Ich kann ihr nichts recht machen. Ist unsere Beziehung am Ende?» Solange Zmilacher von der Beratungs­stelle für Partnerschaft, Ehe und Familien antwortet.
Solange Zmilacher, Fachpsychologin für Psycho­therapie an der Beratungs­stelle für Partnerschaft, Ehe  und Familie in Muttenz.

Solange Zmilacher, Fachpsychologin für Psycho­therapie an der Beratungs­stelle für Partnerschaft, Ehe und Familie in Muttenz.

Unsere Kolumne zu alltäglichen Lebensfragen. Haben Sie Fragen? Schreiben Sie Ihr Anliegen an die Redaktion, wir werden es gerne weiterleiten. redaktion@kirchenbote.ch

Lieber Herr M.,

Ihre Worte machen deutlich, dass Sie beide derzeit am «Ende» Ihres Beziehungs­lateins sind. Sie können sich gegenseitig nicht mehr erreichen, fühlen sich nicht wahr­genommen, und das Zusammenleben ist anstrengend. Das heisst aber nicht, dass Ihre Beziehung am Ende ist. Sie befinden sich in einer beziehungsfeindlichen Dynamik. Die von Ihnen beschriebenen Verhaltensmuster verstärken die Beziehungsschwierigkeiten. Deshalb ist es sehr wichtig, aus dieser nega­tiven Dynamik auszusteigen.

Es gibt viele verschiedene Gründe, warum Paare in eine solche Dynamik geraten. Häufig besteht eine Schieflage zwischen den beiden Grundbedürfnissen «Autonomie» und «Bindung». Dieses Ungleichgewicht zwischen «Geben» und «Nehmen» kann sich schleichend in der Beziehung entwickeln oder durch kritische Lebensereignisse wie Elternschaft, Krankheit, neue Arbeit entstehen.

In einer gesunden Beziehung ist es wichtig, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten wie auch auf die des Partners. So, wie das Ein- und Ausatmen überlebenswichtig ist. Fürein­ander da sein bedeutet nicht, sich selbst zu vergessen. Häufig wird die Autonomie der Harmonie geopfert. Um die Beziehung zu verbessern, müssen diese beiden Pole neu ausbalanciert werden. Menschen sind von Natur aus unterschiedlich anpassungs- und durchsetzungsfähig. Ein Ungleichgewicht in der aktuellen Beziehung kann jedoch bereits durch Erfahrungen aus der Kindheit beeinflusst sein. Zum Beispiel, wenn eigene Bedürfnisse damals als egoistisch angesehen oder mit Schweigen bestraft wurden und so eine gesunde Autonomieentwicklung beeinträchtigte. Ein Blick in die Vergangenheit ist daher hilfreich, um eine gesunde Balance zu finden.

Das «Nörgeln» Ihrer Frau scheint der Versuch zu sein, Sie auf ein unerfülltes Bedürfnis aufmerksam zu machen. Vielleicht wünscht sie sich mehr Unterstützung, mehr Wertschätzung, mehr gemeinsame Zeit, mehr Freiheit ... Nörgeln kann auftreten, wenn frühere konstruktive Versuche erfolglos waren. Vielleicht hat Ihre Frau nie gelernt, ihre eigenen Bedürfnisse als wichtig zu akzeptieren und dafür einzustehen. Im Laufe der Jahre ist es sehr frustrierend, wenn die eigenen Bedürfnisse unerfüllt bleiben.

Aus Ihren Zeilen lese ich heraus, dass Sie sich bemühen, es Ihrer Frau recht zu machen. Das gelingt Ihnen aber nicht. Im Versuch, es ihr «recht zu machen», steckt oft das Muster der Konfliktvermeidung. Mit der Zeit werden aber die eigenen Bedürfnisse indirekt abge­sichert. Man kann nicht einfach ausatmen. Es kommt etwa zu leeren Versprechungen oder passivem Widerstand. Man sagt Ja, geht dann aber doch den eigenen Bedürfnissen nach. Das führt zu weiteren Verletzungen in der Beziehung.

Um Ihre Beziehung zu verbessern, ist es wichtig, dass Sie beide Ihre eigenen Anteile an der Situation erkennen und die Verantwortung dafür übernehmen.

Auf der Suche nach einer guten Balance in der Beziehung ist das Buch von Stefanie Stahl, «Jeder ist beziehungs­fähig», eine wertvolle Hilfe, ­München, Kailash.

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