OeME-Abend in Glarus mit Mission 21
Pfarrerin Martina Hausheer-Kaufmann eröffnete die Veranstaltung im Kirchgemeindehaus Glarus. Eine Weltkalte in ungewohnter Optik, der bunte Apéro mit Weltfood vom Claro Laden Glarus und ein reichhaltiger Bücher- und Materialtisch zeigten bereits an, dass der Abend nicht als nüchterner Vortrag, sondern eher als anregender Austausch daherkommen würde.
Obwohl öffentlich ausgeschrieben, hatte sich vor allem ein internes Publikum eingefunden; Pfarrpersonen und kirchlich Engagierte, die bereits über Erfahrungen im Bereich Ökumene, Mission und Entwicklungszusammenarbeit (OeME) verfügen. Darüber hinaus muss man wohl anerkennen, dass der Begriff «Mission» heutzutage einen eher schweren Stand hat – Wirtschaft und Politik haben ihn längst instrumentalisiert, radikale Gruppierungen missbrauchen ihn.
Am Puls der Zeit
Jedoch setzen sich heute Institutionen wie Mission 21 kritisch mit dem historischen Erbe religiöser Missionierung auseinandersetzen, indem sie aktive «Dekolonialisierung» betreiben und bei Projekten mit Partnerkirchen auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Und, wenn man erst einmal Einblicke gewinnt, stellt sich ihre wertvolle diakonische und interreligiöse Arbeit als sehr spannend, kreativ und als absolut am Puls der Zeit dar. So organisiert etwa Mission 21 Treffen für Kriegstraumatisierte mit psychologischer Betreuung. Oder an Nähmaschinen sitzen Christinnen mit Musliminnen zusammen, um gemeinsam Menstruationsbinden zu nähen – und beginnen, Scheu abzulegen und Kontakte zu knüpfen. «Ernährung, Bildung, Medizinische Versorgung, Krisenhilfe, Friedensarbeit und gelebte (Glaubens-)Gemeinschaft – es ist ein weites Feld, indem wir voneinander lernen können im weltweiten Netz unserer Partnergemeinden», so Weber.
Glaubens-Entwicklungsland Schweiz
Aus dem Publikum kommt die Frage, wie es denn mit der Weitergabe des Evangeliums aussieht. «Christliche Gemeinden sind vor allem ausserhalb Europas am Wachsen und auch sehr aktiv. Also, wenn wir uns etwa Kongo anschauen, mit 93% Christen in der Bevölkerung, und die haben ein reges Gemeindeleben, dann können wir von ihnen lernen. Demgegenüber sind wir hier also ’Entwicklungsland’ . Auch Zeit ist so eine Ressource, die unserer Gesellschaft mangelt», erklärt Weber. Entsprechend profitieren von den Programmen immer beide Seiten – zum Beispiel bei «PEP», einem Projekt von Mission 21, bei dem junge Berufsleute aus der Schweiz im Ausland Einsätze leisten können. Mehr solcher Verbindungen könnten helfen, die oft abstrakte «OeME» in Schweizer Kirchgemeinden über die Arbeit der Kommissionen hinaus aktiv zu verankern. «Hier brauchen wir einfach eine grössere Basis», so eine Teilnehmerin.
Was aber macht ein gutes Projekt der Entwicklungszusammenarbeit aus?
Nach dem liberalen Modell (Entwicklung = Rückstand aufholen, mehr Wohlstand für Alle) und der «Systemwechsel-Theorie» (strukturelle Ungerechtigkeit und Ausbeutung beseitigen) hat sich als Drittes die Erkenntnis etabliert, dass ein Bündel auf seine Wirkung getesteter Massnahmen am besten geeignet sein könnte, um Verbesserungen zu erzielen. Statt also mit gutem Willen aber ohne klare Evidenz «Gutes tun zu wollen», sind definierte Ziele (hier gilt die Agenda 2030 der UNO) und gut begründete Massnahmen die Richtschnur für die Arbeit von Mission 21. Dabei soll von den Bedürfnissen der Partnergemeinden ausgegangen werden – und von laufenden Erkenntnissen: «So kam etwa eine Studie zum erstaunlichen Ergebnis, dass der Schulerfolg im Einsatzgebiet am meisten von regelmässigen Entwurmungskuren der Lernenden abhing», gibt Weber ein Beispiel. Die Zukunft, in welcher die Menschheit voraussichtlich alle 12 Jahre um eine Milliarde wächst, kann verunsichern, doch Weber sieht auch viel Ermutigendes: «Trotz aller Probleme in der Welt wurden grosse Fortschritte erreicht – der Anteil Hungernder und die Kindersterblichkeit haben sich deutlich verringert.»
Und der Auftrag der Christen?
Hungernde speisen, Nackte kleiden und Witwen und Waisen unterstützen – mit dem Auftrag, dies in Liebe zu tun, sind Jesu Jüngerinnen und Jünger bis heute gefragt und gefordert. Es kann ein Spannungsfeld sein, sich dabei zwischen den Polen «Mutter Theresa» (tätige Nächstenliebe, die etwa einem Sterbenden beisteht) und «Martin Luther King» (Kampf gegen Diskriminierung und politisches Engagement) zu positionieren. Und auch, wie der Missionsauftrag, den Jesus Christus in Matthäus 28 ausspricht, konkret zu leben ist – «Missio» (lat.) bedeutet zunächst einmal «Sendung». «Wir können und sollen das Evangelium eben nicht nur im Wort, sondern auch in unseren Taten verkünden», so drückt es ein anwesender Pfarrer aus. Beim anschliessenden Apéro wurde das Gespräch locker fortgesetzt.
Text und Bilder: Swantje Kammerecker
OeME-Abend in Glarus mit Mission 21