News von der Glarner reformierten Landeskirche
Mahnwache für den Frieden

«Schweigen fällt in einer lauten Welt auf»

von Matthias Zehnder
min
22.09.2025
Isabelle von Sinner fordert Frieden ein. Nicht mit Transparenten und Parolen, sondern mit Schweigen. Sie ist überzeugt, dass dieser Ansatz die Welt zum Frieden befreit – ganz im Sinn von John Lennons Zitat: «Stell dir vor, es gibt Krieg – und keiner geht hin.» 

Am 21. September, dem Weltfriedenstag, ist es in Basel zu einer Demonstration für den Frieden gekommen, wie sie Basel noch nie gesehen hat: ohne Transparente, ohne Parolen. Nur mit stiller Präsenz. «Wir sollten uns jenseits von Herkunft, Religion und Geschlecht dessen bewusst werden, dass wir alle Menschen und damit gleichwertig sind», sagt Isabelle von Sinner. Zusammen mit einer Handvoll engagierter Baslerinnen und Basler hatte sie die Mahnwache für den Frieden ins Leben gerufen. Ihr angeschlossen hat sich neben dem Kanton Basel-Stadt eine ganze Reihe von Basler Organisationen, Kirchen und Religionsgemeinschaften.

Kriege, Konflikte und Gewalt in der Ukraine, im Nahen Osten, im Sudan und an vielen anderen Orten fordern unzählige Opfer, zerstören Lebensgrundlagen und vergiften unsere Gesellschaft. Wie können wir in dieser so lärmigen Welt ein wahrnehmbares Zeichen für den Frieden setzen? «Indem wir schweigen», sagt Isabelle von Sinner. «Wir verzichten bewusst auf alle Mittel, die Aufmerksamkeit heischen. Keine Banner, keine Slogans, keine Parolen», sagt die Initiantin. «Schweigen fällt auf in unserer lauten Welt.»

Auch der Kanton Basel-Stadt unterstützt die Mahnwache

Isabelle von Sinner ist ursprünglich Übersetzerin. Sie hat als Delegierte des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK ) in Israel, Thailand – an der kambodschanischen Grenze –, im Irak und in Kroatien gearbeitet. «Gott sei Dank habe ich ‹nur› Spuren von Kriegen gesehen und stand nie unter Beschuss, aber das reicht vollauf, um so was niemandem zu wünschen», betont sie. Ihr Engagement für den Frieden steckt aber tiefer: «Ich habe mich schon mit 18 Jahren dafür engagiert», sagt sie.

 

Isabelle von Sinner: «Bevor wir Mann, Frau, Juden, Muslime, Christen oder etwas anderes sind, sind wir Menschen.» | Foto: zvg

Isabelle von Sinner: «Bevor wir Mann, Frau, Juden, Muslime, Christen oder etwas anderes sind, sind wir Menschen.» | Foto: zvg

 

2022 hatte sie die Idee für eine Mahnwache. «Damals ging es nur um Christen, Juden und Muslime.» Nach dem 7. Oktober 2023 habe der Friedenswunsch eine neue Dringlichkeit erhalten. «Im Gespräch mit anderen Engagierten hat sich herausgestellt, dass wir uns von den Religionen lösen müssen. So ist eine über- und interreligiöse Mahnwache entstanden.» Getragen wird der Anlass unter anderem von den grossen Religionen in Basel. Auch der Kanton Basel-Stadt unterstützt die Mahnwache.

Das Besondere an der Mahnwache: Die Teilnehmenden erheben keine konkreten Forderungen. «Wir haben eine einzige, grosse Forderung: Frieden», sagt Isabelle von Sinner. «Frieden in uns, um uns, weltweit. Es geht nicht um einen einzelnen Konflikt. Wenn man einen Konflikt hervorhebt, gehen zig andere vergessen. Wir müssen unsere Probleme als Menschen gemeinsam lösen. Wir brauchen alle Frieden.»

Einen Schritt zurücktreten

Isabelle von Sinner glaubt nicht, dass die einzelnen Konflikte hoffnungslos verstrickt sind. «Aber die Diskussionen darüber sind es. Um das zu lösen, hilft es, einen Schritt zurückzutreten und festzustellen: Bevor wir Mann, Frau, Juden, Muslime, Christen oder etwas anderes sind, sind wir Menschen. Und zwar nicht nur ich und meine Gruppe oder Partei, sondern alle, auch die jeweils ‹anderen›.» Das sei die zentrale Botschaft des Anlasses. «Das können wir nicht genug bewusst machen.»

In ihrer Zeit beim IKRK habe sie gesehen, wie zerstörerisch Krieg und Konflikte seien, vor allem das «Nichteinhalten von internationalem Recht». Sie sei überzeugt: «Die Menschen, die einzelnen Menschen vor Ort, wollen keinen Krieg. Sie sind alle nur vom Krieg betroffen.» Und: «Jeder Mensch hat seine Existenzberechtigung, weil es ihn gibt. Das gilt für uns alle als Menschen.» Deshalb sei es das Ziel, ins Bewusstsein zu rufen, «dass wir jenseits von Herkunft und Religion alle Menschen sind und damit gleichwertig. Das zu leben, ist kein einfacher Prozess. Aber schwierig ist nicht unmöglich.»

 

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