Vertraut den neuen Wegen!
Von Pfarrerin Regula Eschle Wyler*
Einen ersehnten Anfang wagen, sagt sich leicht: die Geburt eines Kindes, Heiraten, ein Schul- oder Lehrabschluss, ein neuer Arbeitsplatz oder die Pensionierung. Oft aber ist er ungewollt, einschneidend oder gar aufgezwungen: Tod, Trennung, Arbeitslosigkeit, existentieller Zusammenbruch. Wir müssen uns im Leben neu finden. Dabei dürfen wir vertrauen, dass Gott uns trägt und begleitet. Davon zeugt die Bibel, denn Gott ist ein Gott der Anfänge: Der erste Schöpfungsbericht schildert den Neuanfang aus dem Chaos zur Ordnung. Noah landet nach der Sintflut mit der Arche an einem neuen Ort. Abraham und Sarah brechen in ein neues Land auf. Mose führt das Volk Israel durch die Wüste in die Freiheit. Der Prophet Jesaja kündet aus der Wurzel Isais einen neuen Spross an. Jesus verkündet in der Bergpredigt und in Gleichnissen das neu angebrochene Reich Gottes und aufersteht am 3. Tag zu neuem, ewigen Leben. Die Kraft Heiligen Geistes weht an Pfingsten die verängstigten Jüngerinnen und Jünger in neues Leben.
Die Schöpfung feiern
Gottes Auftrag an uns Menschen, die Schöpfung «zu bebauen und zu bewahren» (Genesis 2,15), hat zur Ausbeutung geführt, aber auch zur Neubesinnung. Die «oeku Kirchen für die Umwelt» setzt sich für die Bewahrung der Schöpfung als Teil des kirchlichen Auftrags ein. Es geht um Nachhaltigkeit und umweltbewusstes Handeln. Dafür lädt die oeku zum Feiern der SchöpfungsZeit ein. Sie beginnt am 1. September, dem Tag der Schöpfung, und dauert bis zum 4. Oktober, dem Gedenktag des Franz von Assisi – sie schliesst das Erntedankfest und den Bettag mit ein.
Ausgetretene Pfade verlassen
Aufbrechen und neue Wege gehen kann ich nur, wenn ich ausgetretene Pfade verlasse, Altes loslasse und mich neu auf Gott ausrichte, offen für das Neue, das kommt: «Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt. Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft ist sein Land. Wer aufbricht, der kann hoffen in Zeit und Ewigkeit. Die Tore stehen offen, das Land ist hell und weit.» (RG 843, Str. 3).
Einen Neuanfang wagen können wir jeden Tag. Jeder Morgen lässt uns hoffnungsvoll aufstehen und ins Lied von Johannes Zwick einstimmen: «All Morgen ist ganz frisch und neu des Herren Gnad und grosse Treu; ...» (RG 557, Str. 1).
Es braucht Weisheit, das zu verändern, was überlebt ist, aber das zu bewahren, was sich bewährt hat. Leonhard Ragaz schreibt treffend: «Ein Neues kommt, und wir können ihm bloss gerecht werden, wenn wir selbst die Fähigkeit haben, stets neu zu werden. Wir können den Gott, der da kommt, nicht verstehen, wenn wir hartnäckig bei alten Vorstellungen wie bei alten Verhältnissen bleiben wollen. Wir müssen uns wandeln, aber Gott entgegen.»
*Für Regula Eschle Wyler beginnt am 1. September mit ihrem Amtsantritt als Pfarrerin in Schwanden ebenfalls eine neue Zeit.
Bild: Peter Hofmann.
Inschrift des Steines zum Labyrinth im Pfarrgarten Schwanden (erbaut von Johannes Hoppensack, Stein gespendet von Knobel Naturstein AG)
Tritt ein
dem Weg folgend
achtsam bewusst geduldig
bis zur Mitte - und wieder hinaus
hörend, was der Weg erzählt
der Weg nach innen - nach aussen
zu dir - zu Gott - in die Welt.
(Pfr. Hans-Walter Hoppensack)
Vertraut den neuen Wegen!