Vom Glockenstuhl bis zur Legostadt: Kirche zwischen Tradition und Erneuerung
Von Irene Spälti unfd Dagmar Doll
Es gibt einen alten Hochzeitsbrauch, der für manches verliebte Paar fast bindend ist: Etwas Altes, etwas Neues, etwas Geliehenes und etwas Blaues muss bei einer Hochzeit im Kleid der Braut vorhanden sein. Jedes dieser Elemente hat eine bestimmte Bedeutung. Etwas Altes steht für die Tradition, etwas Geliehenes für die Verbundenheit mit Menschen, blau steht für die Treue. Was für ein Hochzeitspaar steht, könnte man mit etwas Geschick auch auf die alte Lady Kirche übertragen.
Bei alt fällt uns vieles ein: Tradition, Geschichte, ein grosses Erbe mit guten Erbstücken und weniger guten. Die Verbundenheit mit Menschen macht Kirche zu dem, was sie ist: Gemeinschaft der Menschen, die sich auf Gott berufen und in der Nachfolge Jesu Christi stehen. Treue ist natürlich die grosse Hoffnung am Anfang jeder Verbindung. So auch in der Kirche. Gott verspricht Noahs Familie nach der Flut fortan treu zu seinen Menschen zu stehen. Auf unserer Kinderseite ganz hinten in diesem Heft kann man davon lesen.
Die Türen öffnen sich
Bleibt noch eines: das Neue. Der Kirche wird ja gerne nachgesagt, dass sie eher das Alte vorzieht, unbeweglich ist und verstaubt. Die Glarner Kirche setzt dagegen auf einen frischen Wind zeigt sich durchaus modern, frisch und neu. Das beginnt mit dem neuen Logo, wie im Editorial in dieser Ausgabe erklärt. Das Logo soll Verbindung schaffen zwischen den Menschen und den Kirchgemeinden in unserem Kanton. Es kommt frisch daher, ist farblich divers. Ein Logo bleibt aber ein einfacher Schriftzug, wenn dahinter keine Menschen zu erkennen sind.
Deswegen sucht die Glarner Kirche den Weg nach aussen. Das geschieht zunächst in jeder Kirchgemeinde vor Ort. Immer dann, wenn die altehrwürdigen Mauern ihre Türen öffnen. Etwa, wenn ein Familiengottesdienst in ein Zirkuszelt verlegt wird. Oder dann, wenn bei unseren Gottesdiensten im Freien eben alles draussen stattfindet, sei es in der Badi, auf der Alp oder in Kleingärten. Oder in der Stadtkirche eine riesige Legostadt gebaut wird. Ein paar wenige Beispiele von vielen.
Snacken, Spielen, Schwatzen
Auch die Landeskirche geht neue Wege, zeigt sich beispielsweise in diesem Jahr erstmalig an der Glarner Messe. Zusammen mit den katholischen Geschwistern wird während der drei Tage der Messe (29. Oktober bis 2. November) ein Stand besetzt sein, der die Vielfalt der Kirche und ihr gesellschaftliches Engagement in den Vordergrund rückt. Jung und Alt sollen dabei angesprochen werden. Es werden zwei Glockenstühle der Firma Muff zu bewundern sein, ein historischer und einer, an dem mitgebaut werden kann. Wieder sind es bunte Legosteine, mit dem Kinder am Glockenstuhl bauen können. Eine Bar mit Snacks lädt zum Verweilen ein und auch ein Gesprächsangebot wird es geben. Kirche ist mehr als der sonntägliche Gottesdienst, sondern zeigt sich vielfältig, divers, frisch und gesellschaftlich relevant. Das soll sichtbar gemacht werden. Kirche ist im besten Sinne alt, sie schenkt Gemeinschaft und lebt von gegenseitigem Respekt und der Treue Gottes. Und: sie ist neu, mitten im Leben und sichtbar.
Fotos: zvg.
Vom Glockenstuhl bis zur Legostadt: Kirche zwischen Tradition und Erneuerung