News von der Glarner reformierten Landeskirche

Das Ende der Geschichte?

von Pfarrer Immanuel Nufer
min
12.12.2023
Jedes Ende bedeutet auch einen Neuanfang. Endet eine Epoche, beginnt eine neue. Pfarrer Immanuel Nufer aus dem Kirchenkreis Glarus Nord denkt darüber in der Denkpause nach.

Als 1989 die Berliner Mauer fiel und der Kalte Krieg zu Ende ging, herrschte allgemeine Euphorie in der westlichen Welt. Endlich bricht die langersehnte Friedenszeit an. Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama verarbeitete diese Stimmung aus wissenschaftlicher Perspektive in seinem Buch „Das Ende der Geschichte“, das zu einem geflügelten Wort wurde. Darin beschreibt er seine Sicht, dass sich durch den Niedergang der Sowjetunion der Liberalismus (in der Form von Demokratie und Marktwirtschaft) endgültig und überall durchsetzen würde und damit der Kampf der Menschen gegen die Natur und gegeneinander letztlich aufhören würden.

Das war vor 30 Jahren. Heute aber kann vom „Ende der Geschichte“ keine Rede mehr sein. Vielmehr erleben wir die Wiederholung einer Konstante der Menschheitsgeschichte. Grossreiche kommen und gehen. Neue Mächte machen sich breit. So verliert momentan die USA und ihre Verbündeten zunehmend an Einfluss in der Welt. China hat sich längst von seiner Stellung als Werkbank des Westens gemausert und setzt seine geostrategischen Interessen zunehmend aggressiv durch. Hier prallen Welten aufeinander. China hat ganz andere gesellschaftspolitische Vorstellungen als der Westen und auch einen anderen Umgang mit Menschenrechten und Demokratie.

Wohin die Welt in Zukunft steuert - wir wissen es nicht. Zu unterschiedlich sind heute die Interessen und Vorstellungen. Sicher ist aber, dass sich die Menschen nach wie vor nach Frieden sehnen. Zumindest die überwiegende Mehrheit. Die Frage ist einfach, mit welchem Gesellschaftsmodell sich das verwirklichen lässt. Diese Sehnsucht nach Frieden ist ebenfalls eine Konstante der Menschheitsgeschichte. Dass sie auch heute noch virulent ist, zeigt einmal mehr, dass wir noch nicht am Ende der Geschichte angelangt sind.

Im alten Israel fand dieses Sehnen Ausdruck in der Hoffnung, dass Gott eines Tages seinen Messias, seinen Gesalbten, in die Welt senden würde. Diesem Messias wird gelingen, was keinem Herrscher bisher gelang, nämlich Frieden für Gottes Volk und die Welt zu bringen. Die Propheten der Bibel schrieben über das Kommen dieses Messias und nährten damit die Hoffnung der Juden und später jene der Christen.

Die Erfüllung dieser Hoffnung ist durch das Kommen Jesu Christi in diese Welt hineingebrochen. Das ist die gute Botschaft, welche die Evangelisten des Neuen Testamentes verbreiteten. Das ist die Hoffnung, an welche wir uns in der Zeit des Advents erinnern.

Jesus kam zwar nicht in der Gestalt eines mächtigen Herrschers in die Welt, sondern als einfacher Mitmensch seines Volkes. Aber seine Botschaft hat die Herzen seiner Anhänger verändert und tut es bis heute. Der Frieden in der Welt kann nicht von oben herab erzwungen werden, sondern muss in unseren Herzen beginnen.

Insofern hat das Ende der Geschichte mit dem Kommen Jesu Christi tatsächlich begonnen. Dieses Ende ist aber zugleich der Anfang einer neuen Geschichte von Gott mit uns Menschen. Jesus Christus wird einst als wahrer König und Friedensfürst dieser Welt wiederkommen. Auch darauf sollen wir unseren Blick im Advent richten. Die neue Geschichte hat gerade erst begonnen.

Advent ist die Zeit, in welcher wir trotz aller Not und allem auf dieser Erde den Kopf hochhalten und voller Zuversicht in die Zukunft blicken sollen, wie schon der Prophet Jesaja seine Mitmenschen aufforderte (Jesaja 60,1-2):

„Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir! Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir.“

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