News von der Glarner reformierten Landeskirche

Zum Abschluss meiner Lebensreise

von Pfarrer Peter Hofmann
min
02.10.2023
Vita brevis (das Leben ist kurz) - diese Aussage wird Hippokrates zugeschrieben. Wenn wir am Ende dieses kurzen Lebens ankommen, dann bleibt für unsere Nächsten das Abschiednehmen - jedoch: Dafür braucht es Gelegenheit. Pfarrer Peter Hofmann aus Schwanden schreibt in der #denkpause darüber.

Liebe Leserin und lieber Leser, weshalb beschäftigen sich die Leute so wenig mit ihrer Vergänglichkeit? In ungezählten Trauergesprächen werde ich den Verdacht nicht los, dass zu wenig über das eigene Sterben nachgedacht und ausgetauscht wird, selbst unter langjährigen Lebensgefährten.

Gegenüber früher, nur schon im Vergleich zur eigenen Zeit als junger Kandidat der Theologie in den frühen 90er Jahren, sind Trauerfeiern leider etwas aus der Mode gekommen. Stattdessen heisst es: „Die Trauerfamilie trifft sich im engsten Familienkreis“. Das finde ich schade, ich bedaure es aus verschiedenen Gründen und wünsche mir, dass sich Menschen früher mit ihrer Endlichkeit befassen. So wie es Kinder tun. Und weil, wenn wir sterben, immer auch andere Menschen davon betroffen sind.

Wenn man meint, mit Anweisungen wie „Macht kein Aufheben!“ oder „Ich will nur eine stille Beerdigung und keine Publikation“, dann verkennt man, dass es um die Angehörigen geht, wenn man gestorben ist. Was für Menschen im Hinblick auf ihre eigene Bestattung vielleicht Bescheidenheit bedeutet, kann für die Trauernden dann, wenn der Todesfall eingetreten ist, Anlass zu Traurigkeit und Bedauern werden. „Ich hätte so gerne in einem würdigen Rahmen Abschied genommen und ihm/ihr ‚die letzte Ehre‘ erwiesen“, höre ich dann als Pfarrer auf der Strasse. Zu spät. Trauernden erweist man mit dem Aufruf zur Bescheidenheit womöglich keinen Dienst.

In der Schweiz trägt die Abschiedsfeier die schöne Bezeichnung Abdankung. Sie gibt mit dem Danken einen wichtigen Aspekt des Abschieds an. Mir ist wichtig, dass die Angehörigen anschliessend an die Beisetzung auf dem Friedhof bewusst den Ort wechseln, das heisst, entweder in die Kirche zur Abschiedsfeier gehen oder „zurück ins Leben“.

Die kirchliche Abschiedsfeier ist ein Gottesdienst. Zusammen oder unabhängig von der Beisetzung ist sie ein wichtiger Schritt beim Trauerprozess. In jedem Fall ist „das Leben“ Thema und Ziel einer Abdankung. Deshalb wird in der Regel ein Lebenslauf verlesen oder in die Predigt eingeflochten. Leitend ist die Frage: Was wollen wir vom verstorbenen Menschen und seinem gelebten Leben erinnern und für die Zukunft bewahren? Was wird stärker sein als der Tod?

Für mich sind die Erzählungen vom Sterben Jesu eine hilfreiche Referenz. Ich kann jede Lebensgeschichte so betrachten wie die Geschichte, der Weg des jüdischen Volkes oder einzelner Gestalten in der biblischen Unheils- und Heilsgeschichte. Die Abdankung ist für mich aber keine theologische Abhandlung über den Tod oder ein Missionierungsversuch im grossen Stil. Leitend ist das Leben und der Charakter des verstorbenen Menschen, sein Lebensteppich. An diesen roten Faden versuche ich anzuknüpfen.

Liebe Leserin und lieber Leser, warum von Vergänglichkeit und Tod reden? Warum Entscheide treffen, die nach unserem Lebensende Geltung haben sollen? Ist es nicht vermessen oder egozentrisch, das alles bestimmen zu wollen? Ist es nicht. Es ist ein Zeichen von Selbstverantwortung und Respekt auf unsere Angehörigen, wenn wir uns mit Fragen um unser Lebensende beschäftigen und die letzten Wünsche klären. Dazu kann die Broschüre «Zum Abschluss meiner Lebensreise» eine Hilfe sein. Im Shop von www.zhref.ch ist sie für fünf Franken erhältlich. Zudem sprechen wir Seelsorgenden gerne mit Ihnen über Ihre Vorstellungen, Wünsche und Anordnungen. - Ich wünsche Ihnen einen schönen Herbst!  

 

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